Texts

01.03. - 16.08.2020

Sandra Senn – Ich stell die Wiese in die Vase

Museum Langmatt Baden

Sandra Senn entwickelt seit rund zwanzig Jahren ein vielfältiges künstlerisches Werk an der Schnittstelle von Fotografie, Malerei und Sprache. In den letzten Jahren ist sie sowohl im Ausstellungskontext als auch im Öffentlichen Raum mit Textinstallationen aufgetreten, die inhaltlich auf den Ort Bezug nehmen.

Als Gastkünstlerin der Jubiläumsausstellung Herzkammer – 30 Jahre Museum Langmatt zeigt Sandra Senn 38 subtile Textinterventionen, die für die Räume der Langmatt, die historischen Annexgebäude und weitere Orte im Park entstanden sind.
Die kurzen, lyrischen Sprachbilder fangen die Atmosphäre dieser Orte ein oder verleihen einem Tagtraum, einer Erinnerung Gestalt.
Manchmal knüpfen sie an ein Objekt der Sammlung an oder an ein Detail der Räume, manchmal lassen sie einem Gedanken freien Lauf. Das Spektrum reicht von einzelnen, bildmächtigen Worten über aphoristische Zuspitzungen bis hin zu einem lyrischen Sprechen mit Humor und doppeltem Boden.
Sandra Senn gebraucht dabei nicht mehr als einen einzigen Satz, der die flüchtige Empfindung mit poetischer Präzision auf den Punkt bringt. Oft verstecken sich die filigranen Sätze in den Räumen und sind erst auf den zweiten oder dritten Blick zu entdecken. Als miniaturhafte Installationen treten sie mit Objekt oder Raum in überraschende, assoziative Dialoge. Ein flirrendes Sprechen mäandert durch das Gebäude, flammt hier und dort in unterschiedlicher Präsenz auf und lädt zu einer überraschenden Entdeckungs- und Zeitreise ein.
Im Grünen Salon zeigt Sandra Senn neue malerische Fotografien, die bei ihren Recherchen in der Langmatt im Herbst 2019 „nebenbei“ entstanden sind. Mit ihrer polychromen Sinnlichkeit, mit Unschärfe und energetischer Bewegung verzaubern sie Details der Langmatt und des Parks. Sie fächern den Reichtum von Farbe und Form lustvoll auf und zeigen, wie traumwandlerisch und unbeschwert die Medien Malerei und Fotografie einander begegnen können.
Sandra Senn wurde 1973 in Baden geboren und lebt in Baden und Berlin

Markus Stegmann, Direktor Museum Langmatt, Baden

Multiple Gebilde und Sprachbilder

Einzelausstellung 2019 Zimmermannhaus, Brugg

Sandra Senn (*1973 in Baden, lebt dort und in Berlin) zählt zu den interessantesten Schweizer Künstlerinnen an der Schnittstelle von Fotografie und Malerei. Ihre Arbeiten werden von internationalen Galerien und Museen gezeigt und sind in wichtigen öffentlichen Sammlungen vertreten. Gebäude aller Art spielen eine zentrale thematische Rolle. Erst auf den zweiten Blick verdichtet sich der Eindruck, dass es sich um multiple Gebilde innerer Vorstellungen handelt und nicht um äussere Abbildungen. In den letzten Jahren trat als neues Medium die Sprache hinzu. Bildhaft, lyrisch und mit der schlagenden Präzision von Aphorismen beleuchtet die Künstlerin die paradoxen Bezüge zwischen Ich und Welt.
In ihrer aktuellen Ausstellung im Zimmermannhaus Brugg zeigt Sandra Senn ausgewählte Arbeiten aus der Werkgruppe «Flüchtiges Getriebe». Rätselhafte Schiffe sind auf einsamen Meeren unterwegs, mehr schicksalsverloren treibend, als zielgerichtet auf Kurs. Einige sind offensichtlich gestrandet, bei anderen bleibt offen, ob sie verwandelte Ölbohrinseln sind oder ein verwunschenes Eiland in weiter Ferne. Es sind multiple Gebilde mit unterschiedlichen Identitäten, deren Herkunft und Zukunft in einem starken Bild zusammenzufallen scheinen. Woher, wohin – ist die Frage der Schiffe und Inseln. Eine facettenreiche Metapher für die grossen Fragen menschlicher Existenz.
«Flüchtiges Getriebe» zeigt exemplarisch, wie sich die Arbeit von Sandra Senn zwischen Wirklichkeit und Vorstellung bewegt. Indem sie Gegenstände aus verschiedenen Zusammenhängen neu miteinander kombiniert und in die Einsamkeit der Weltmeere versetzt, entstehen irrationale innere Bilder, die traumwandlerisch neue Fenster auf die sogenannte Wirklichkeit öffnen. Auf den ersten Blick wirken die Arbeiten geradezu irritierend realistisch, aber bei genauerer Betrachtung wird rasch klar, dass es sich nicht um äussere Abbilder handeln kann. «Irgendwo zwischen Erinnerung und Erscheinung spannt sich die Wirklichkeit auf. Die multiplen Konstruktionen lassen eigene Assoziationen entstehen und können zum Echoraum gesellschaftlicher Fragen werden.», hat Sandra Senn einmal formuliert.
Den geheimnisvollen Schiffen im Zimmermannhaus stehen pointierte, lyrische Aphorismen in der Brugger Altstadt gegenüber. Während der Ausstellungsdauer erscheinen sie auf leeren Schaufenstern im Stadtraum. Die zweckfreien Texte verleiten zum Innehalten und Nachdenken und stehen so ganz im Kontrast zu all den anderen Texten im urbanen Raum, die mehr oder weniger werbenden Charakter haben. Wie nebenbei entsteht die Frage vom Verhältnis zweckfreier und zweckbehafteter Sprache. Was lösen die inneren Sprachbilder Sandra Senns aus? Und wie verhalten sie sich im quirligen Alltag ausserhalb geschützter Museumsräume? So unterschiedlich in ihrer visuellen Form, liegt den Sprach- und Schiffsbildern als Gemeinsamkeit die Erkundung des rätselhaften und widersprüchlichen menschlichen Verhaltens zugrunde. Die Arbeiten von Sandra Senn zeigen sich als sensible Seismographen gesellschaftlicher Veränderungsprozesse und Umbrüche.

 

Zeitloses Treiben, Einzelausstellung

Zeitloses Treiben von Sandra Senn

Wie das Relikt einer grossen, vergangenen Kultur hält sich eine Siedlung am abschüssigen Fels. Einmal drängt sich eine rechteckige, metallene Verschalung vor den weiten Horizont, dann wieder ragt ein Poller wie ein überdimensionierter, kalkiger Knochen aus der Weite von Himmel und Wasser. Und was hat es auf sich mit der «MARINA MC», deren Transportgut samt Kran und Räderwerk in grosse Tücher gehüllt sind? Fremd ist das Vokabular in Sandra Senns Bildern und doch auch so, als hätten wir es schon lange gesehen und schon oft darüber nachgedacht. Arnold Böcklins «Toteninsel» ruft sich in Erinnerung mit seiner einsamen Frage nach der Vergänglichkeit; die Kompositionen des Surrealisten Max Ernst, der seine Sonnen und Monde über menschenleeren Landschaftsvisionen kreisen liess; Denkmäler, die der heroischen Geschichte dauerhaft Gestalt zu geben suchen; und nicht zuletzt Kulissen von Filmstudios, deren Leichtbaufassaden Projektionen in Gang setzen, lange bevor eine Schauspiel-Crew die Szene betritt.

«Ich male auf dem Computer», sagt Sandra Senn, und der Satz überrascht. Mindestens beim ersten Blick in ihre reglosen Seestücke möchte man davon ausgehen, dass zunächst die Linse einer Kamera Architekturen, Schiffe oder das grosse, steinerne Monument registriert hätte, um es dem Pigmentdruck anzuvertrauen. Dass irgend etwas ‘echt’ und verlässlich sei in seiner so präzis nachvollziehbaren Materialität. Doch was genau ist «Wirklichkeit»? Wo reden wir von tatsächlichen, eigens gesehenen Dingen, und wo ruft ein Schiff, ein Hund, ein vom Baugerüst umhülltes Haus innere Bilder und ferne Erinnerungen auf? Es ist, als möchte Sandra Senn dem grossen Rauschen unserer gesamten digitalen Umgebungen im ausgewählten Motiv exemplarisch Einhalt gebieten. «Ich befreie den Gegenstand, ich werfe ihn in eine andere Umlaufbahn.» Sorgfältig bearbeitet die Künstlerin die Nahtstellen ihrer digitalen Collagen. Bauten und ihre Überbleibsel lässt sie als archaische Typen erscheinen. Ein Malgrund aus Pixeln lässt die Solitäre meist in Tageshelle und in zeitlosem Wellengang treiben. Und während man nicht sehen kann, woher sie kommen und wohin sie fahren, fragt das nur vermeintlich fotorealistische Bild umso hartnäckiger nach unserem eigenen Verständnis von Zeit, von Zugehörigkeit oder Fremdsein.

Um Ortsbestimmungen im weitesten Sinn geht es auch, wenn die Künstlerin mit Sprache umgeht. Ausgewählte Wörter hat sie so auf die Pfeiler im Ausstellungsraum appliziert, dass dieser selbst zu denken scheint. In der Innenstadt bieten leerstehende Schaufenster einer zweckfreien Sprache Raum. Wo wir Werbung erwarten, tauchen jetzt Sätze auf, die dem Gedankenfluss von Vorbeigehenden eine andere Wendung geben. Überraschend entlassen sie uns aus dem Status von Konsumentinnen und Konsumenten, sodass sich, unverhofft, in diesem öffentlichen Raum für einmal das unvergleichlich Eigene einnistet.

Isabel Zürcher, Kunstwissenschaftlerin, Autorin

Auf den Meeren​ verlassener Flüssen

Kunstbulletin 5 / 2016 Fokus Sandra Senn S. 44

Sandra Senn – Auf den Meeren verlassener Flüsse

Die Arbeit von Sandra Senn bewegt sich zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. Was in höchstem Mass wirklich erscheint, zeigt sich nicht als äusseres Abbild, sondern als eine aus der Realität gerückte Verschiebung. Wohin treiben die aus Zeit und Zusammenhang gefallenen Schiffe Sandra Senns? Markus Stegmann

Stegmann: Deine Bilder zeigen und verbergen zugleich die Wirklichkeit. Wenngleich jedes Detail in grösster Schärfe sichtbar ist, stellt sich während der Betrachtung bald heraus, dass etwas nicht «stimmt», dass die Dinge in eine ihnen fremde Umlaufbahn geraten sind. Wie findest du deine Dinge?

Senn: Ich sehe mich als Sammlerin. Ich finde Elemente, Gegenstände oder Orte und bringe sie in einen neuen Kontext. Beim Sammeln habe ich keine grossen Fragen, sondern viele kleine. Vielleicht ergibt sich aus den kleinen eine grosse, mag sein. Eine ist die nach der Wirklichkeit, nicht nach Fiktion. Ich will nicht festlegen, was Wirklichkeit ist. Sobald man versucht, sie zu definieren, ändert sie sich und entwischt. Ich suche vielmehr nach einem Zustand der Wirklichkeit, der mich auf Entdeckungsreisen führt. Irgendwo zwischen Erinnerung und Erscheinung spannt sich die Wirklichkeit auf. Ich mag diesen Schwebezustand. Er ruft die Dinge hervor. Ich begegne draussen einer Pfütze, einem Wald, einer Blache, einer Gegend am Meer. In dem Moment, in dem ich allein hinausgehe, möchte ich nichts Anderes als sehen. Ich brauche die Einsamkeit, um in die Unmittelbarkeit der Dinge einzusinken. Wenn mir dies gelingt, tauchen die Dinge plötzlich auf.

Stegmann: Ich kann mir vorstellen, dass bei diesen äusseren wie inneren Einlassungen ziemlich viel erscheint. Wie wählst du aus?

Senn: Unter dem Verschiedenen, das sichtbar wird, findet sich immer etwas, das sich besonders zeigt. Es wartet darauf, entdeckt zu werden. Die Fülle reduziert sich wie von selbst. Es ist viel mehr als nur sehen, es ist eine Wahrnehmung mit allen Sinnesorganen. Ich lerne das Ding kennen und dieses mich. Dabei ist unerheblich, ob ich mich am Meer, in den Bergen oder irgendwo im Wald befinde. Es braucht keine spektakulären Landschaften. Wenn ich an diesem Punkt angelangt bin, tritt die Fotografie hinzu: Fotografieren ist wie ein Einsammeln. Ich fotografiere, was ich als ersten Impuls sehe. Der erste Blick entscheidet. Im Atelier geht das Gespräch, zwischen den Fundstücken, den Bildern und mir weiter. Ich sehe meine Arbeit als Versuch, meine Zwiegespräche mit den Dingen nach aussen zu übertragen.

Stegmann: Wie entstehen aus diesen Dialogen künstlerische Arbeiten?

Senn: Ich weiss nicht, wohin die Dinge wollen. Ich habe keine konkrete Idee, keinen Plan, kein Konzept. Ich arbeite mit einer Vorstellung von Landschaft, einem gefühlten Zustand. Vor allem aber nehmen mich die Dinge auf eine Reise mit, die sich im Verlauf des Gesprächs ergibt. Manchmal bringen sie mich zum Staunen, manchmal überfallen sie mich, und plötzlich öffnen sich Abgründe.

Stegmann: Abgründe?

Senn: Es gibt verschiedene Abgründe: Im Moment arbeite ich zum Beispiel mit Felsen. Eigentlich stehen sie nur da und handeln nicht. Aber wenn ich sie betrachte, muss ich sie aushalten, muss der Spannung zwischen ihnen und mir standhalten. Ich frage die Felsen, warum sie so mächtig sind, obwohl sie nicht handeln, warum sie so still erscheinen, obwohl sie grosse Fragen stellen? Plötzlich werden der Fels oder das Meer zum Echoraum gesellschaftlicher und politischer Positionen. Manchmal freue ich mich, weil ich das Gefühl habe, die Dinge zu befreien, zum Beispiel Bestandteile von Gebäuden oder Schiffen. Ich entlaste die Dinge von ihrer ursprünglichen Funktion. Und ich glaube, sie sind mir deshalb nicht böse.

Stegmann: Es fällt auf, dass sich deine Gebäude und Schiffe in unendlich weiten, geradezu heroischen Landschaften befinden, die das Gefühl innerer Einsamkeit hervorrufen, seien es Meere oder entlegene Gebirge. Woher kommt diese Situierung?

Senn: Ich glaube, die Einsamkeit ist in der Welt zu Hause. Als Kind war ich mit meiner Familie auf See, mit einem Segelschiff unterwegs auf den Weltmeeren. Tage ohne Land in Sicht. Das war zeitweise unser Familienalltag. Zum Baden zog mich mein Vater mit einer langen Leine hinter dem Schiff her. Eine Endlosigkeit nach oben und zugleich nach unten. Ich empfand dies einerseits als beglückend und befreiend, andererseits aber auch als bedrückend. Tag für Tag lag die unendliche Weite des Meeres vor uns. Diese existenziellen Empfindungen sind für mich bis heute prägend. Sie stehen für das Leben. Es ist und bleibt undefinierbar.

Stegmann: Deine Schiffe und Gebäude zeigen sich als multiple Konstruktionen, die etwas von Bricolagen haben: Sie setzen sich aus unterschiedlichen Teilen zusammen, wirken zerbrechlich, provisorisch, unvollendet, so, als habe man sie aufgegeben und verlassen.

Senn: Die Zerbrechlichkeit des Heroischen ist mir wichtig. Viele meiner Gebäude zerfallen, lösen sich auf, befinden sich in einem ungreifbaren Zustand des Übergangs. Die provisorischen, nicht vordefinierten Räume sind dem Wetter, der Landschaft ausgesetzt. Es ist ein Ringen, ein Durchhalten, ein Kräftemessen untereinander. Die Gebilde bestehen aus Ansammlungen hölzerner Gelenke und stofflicher Gewebe, die im Zusammenspiel Beweglichkeit für knöcherne Gedanken ermöglichen. Die bühnenartigen Situationen werfen Fragen auf: Welches Stück wird hier gespielt? Wer steht auf der Bühne, was kommt ans Licht, was versteckt sich hinter dem Vorhang? Wird hier noch etwas gespielt oder ist alles längst vorbei und das Bühnenbild eine vergessen gegangene Hülle ohne Funktion?
Für mich geht es noch einen Schritt weiter: Die Gebäude stehen nicht isoliert für sich, sondern knüpfen an unser kollektives Gedächtnis an. Leute, die meine Bilder betrachten, erzählen mir, wo sich diese Orte befinden könnten, wo sie sie gesehen haben, wo sie Ähnliches erlebten. Meine Bühnen verstehe ich als Übergangsräume, Begleiter des Wandels. Sie bewegen sich zwischen Feierlichkeit und Einmotten. Ein stetes Wechselspiel von Finden und Gefunden werden, von Einsammeln und wieder Ausleeren. Dazwischen liegt der Geschmack von Leere und Keimzeit auf meiner Zunge.

Stegmann: Wenn ich deine schlaftrunken treibenden Schiffe betrachte, erscheinen sie mir als Geisterschiffe des Unbewussten.

Senn: Meine Schiffe sind vielleicht mit «geistigen Zuständen» beladen. Sie sind topografische und architektonische Metaphern, die für die Konstruktion der Erinnerung stehen. Meine Schiffe werden nicht aktiv und funktionsorientiert gesteuert, um effizient von A nach B zu gelangen. Sie sind in anderer Mission unterwegs, tauchen plötzlich auf und verschwinden ebenso rasch wieder. Sie sind ungreifbar, unbehaust, insofern kann man von Geisterschiffen sprechen. Meine Schiffe laden dazu ein, die Wirklichkeit zu überprüfen, gewohnte Sehweisen in Frage zu stellen, gespeicherte Erinnerungen und alte Flussläufe wachzurufen.

Stegmann: Wenn ich mich in deinem Atelier umsehe, sind die Wände gefüllt mit lyrischen Texten auf grossformatigem Papier. Angesichts deiner symphonischen Bilder wirken die Texte erstaunlich abstrakt und reduziert, obwohl sie ihrerseits eine visuelle Sinnlichkeit besitzen, die nicht zu übersehen ist. Weshalb sind dir Texte wichtig? Was kann Sprache, was Bilder nicht können?

Senn: Zu Beginn habe ich von der Unmittelbarkeit gesprochen, die ich im Dialog mit den Dingen erlebe. Das Schreiben kann diesen Zustand verstärken. Es ist ein stilles Zusammensitzen mit den Worten. Schreiben bedeutet Zuhören. Und Zuhören heisst, mich leer zu machen. Sitzen meine Vorstellungskraft und die Wörter gemeinsam am Tisch, erschaffen sie eine eigene Realität, indem sie verschiedene Erinnerungen, aufbewahrte Zustände, Eindrücke miteinander verknüpfen. Es ist eine Verdichtung, eine Verschiebung der Dinge. Ich mag mein unzuverlässiges Gedächtnis. Und da ist die Lust, mich mit den Wörtern zu erinnern, die Welt neu zu erfinden. Manchmal gelingt es, im Schachmatt der Wörter ins Unendliche zu fallen.

Dr. Markus Stegmann, Kunsthistoriker, Autor, Direktor Museum Langmatt, Baden.

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